Doping geistiger Fähigkeiten (Hirndoping)

Beim Hirndoping kommen Antidepressiva, Antidementiva, Narkolepsie-Mittel, ADHS-Medikamente, Coffein-Präparate sowie neu entwickelte bzw. neu für diesen Zweck genutzte Substanzen (z. B. D-Cycloserin und Ampakine) zum Einsatz.

Hirndoping oder Neuro-Enhancement (auch als „brain doping“ oder „cognitive enhancement“ bezeichnet) sind Begriffe, die für eine Leistungssteigerung in Beruf oder Ausbildung durch Einnahme körperfremder Substanzen oder rezeptpflichtiger Medikamente ohne therapeutische Indikation stehen. Ursachen für eine solche angestrebte Leistungssteigerung können vielfältig sein, z. B. dauerhafte Wettbewerbssituationen, Arbeitsverdichtung und Zeitdruck.

Etwa drei Millionen Beschäftigte haben schon einmal Arzneimittel eingenommen, um leistungsfähiger im Job zu sein. Das ist ein Ergebnis des DAK Gesundheitsreports 2015. Regelmäßig „dopen“ sich laut Studie der Krankenkasse DAK knapp eine Million Berufstätige mit rezeptpflichtigen Medikamenten.

Nahmen die Menschen bis vor einigen Jahren psychoaktive Medikamente ein, um sich zu berauschen oder zu beruhigen, rückt in letzter Zeit der Wunsch nach einer Leistungssteigerung in den Vordergrund. Dieses Phänomen wird Hirndoping oder auch Neuro-Enhancement genannt (Englisch enhancement = Steigerung, Verbesserung). Das heißt, gesunde Menschen greifen zu rezeptpflichtigen Arzneimitteln ohne medizinische Notwendigkeit – in der Hoffnung, dass sich ihre Konzentration, ihre Wachheit, ihre Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit verbessert.

Im Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung und der Barmer von 2015 geben fast die Hälfte der Befragten an, dass ihr Arbeitsumfeld durch ständig steigende Leistungs- und Ertragsziele geprägt ist. Termin- und Leistungsdruck, Multitasking, mangelnde soziale Unterstützung sowie geringe Handlungsspielräume – das sind typische Belastungen in einer zunehmend globalisierten Arbeitswelt. Der Leistungsdruck betrifft auch Schüler und Studierende, die ebenfalls zum Hirndoping greifen, wie Studien zeigen.

Laut DAK-Studie greifen vier von zehn Betroffenen bei konkreten Anlässen wie anstehenden Präsentationen oder wichtigen Verhandlungen zu den Pillen. Männer versuchen so vor allem, ihre beruflichen Ziele zu erreichen und gleichzeitig noch Energie für Freizeit und Privates zu haben. Frauen nehmen eher Medikamente, damit ihnen die Arbeit leichter von der Hand geht und sie emotional stabil genug sind. Oft bekommen die Konsumentinnen und Konsumenten ein Rezept von ihrem Arzt. Oder sie besorgen sich die Pillen über Kollegen, Freunde, Familienmitglieder. Eine zunehmende Rolle spielen illegale Internet-Quellen – das sind aber häufig gefährliche Medikamentenfälschungen.

Wegen der hohen Risiken bei zweifelhafter Wirkung plädieren Psychologen und Mediziner für alternative Strategien: ausreichend Schlaf, Entspannungsmethoden und Sport. Am Arbeitsplatz können regelmäßige Pausen, ein gutes Zeitmanagement und Achtsamkeit gegenüber eigenen Grenzen einer Überlastung vorbeugen.

Neben den medizinischen Risiken, die mit diesen zum Teil nur sehr begrenzt wirksamen Substanzen einhergehen, sind auch ethische und gesellschaftliche Fragen relevant. Führt steigende Effizienz zu noch mehr Arbeitsdruck? Was geschieht in einer Gesellschaft, in der es „Glück“ und Leistung ohne Umwege und Anstrengung gibt?

Seiteninfo

Text: Anke Nolte

Literaturempfehlung

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, (2011): Positionspapier der DHS zum Hirndoping
Online Verfügbar

DAK (2015): Gesundheitsreport 2015: "Update: Doping am Arbeitsplatz"
Online Verfügbar

Bertelsmann Stiftung, Barmer GEK (2015): Gesundheitsmonitor 2015
Online Verfügbar

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2013): Medikamentenabhängigkeit. Hamm: 2013. (Suchtmedizinische Reihe; 5)