Laxanzien

Laxanzien (Abführmittel) wirken, je nach Substanzgruppe, ganz unterschiedlich. Die meisten Mittel vermehren das Volumen der verdauten Nahrung im Darm und fördern über die Erhöhung des Darminnendrucks die Darmbewegungen. Diese Wirkung kann z. B. über Quellstoffe wie Flohsamenschalen, Leinsamen oder Weizenkleie oder über wasserbindende Mittel wie Lactulose erreicht werden. Daneben gibt es auch Gleitmittel, die durch einen "Schmiereffekt" den Stuhlgang erleichtern sollen.

Die in Bezug auf einen Missbrauch besonders problematischen Laxanzien sind die darmreizenden Abführmittel. Laxanzien dieses Typs hemmen einerseits die Resorption von Natrium und Wasser und fördern gleichzeitig in unterschiedlichem Ausmaß den Einstrom von Elektrolyten und Wasser in den Darm. Mit dem Stuhlgang gehen dann zu viele Mineralsalze (z. B. Kalium) und zu viel Flüssigkeit verloren. Zu dieser Gruppe von Laxanzien gehören pflanzliche Abführmittel mit den sog. Anthraglykosiden (in Aloe, Faulbaumrinde, Sennesblättern oder Rhabarber enthalten) sowie die synthetischen Mittel Bisacodyl und Natriumpicosulfat. Bei den Anthraglykosiden wird noch immer darüber diskutiert, ob sie kanzerogen oder tumorfördernd wirken.

Diese darmreizenden Mittel führen auf Dauer dazu, dass der Darm noch träger wird, weil er immer auf den Reiz der jeweiligen Mittel "wartet", sodass innerhalb kurzer Zeit ein regelrechter Teufelskreis entstehen kann. Mit der Zeit werden immer höhere Dosierungen benötigt, um die gewünschte abführende Wirkung zu erreichen. Auf diese Weise entsteht eine "Abhängigkeit", ohne sie wird ein Stuhlgang nicht mehr möglich.

Die Wirkungen eines Abführmittels sind nur in wenigen Situationen hilfreich: Lange Bettlägerigkeit kann die Darmtätigkeit einschränken, z. B. infolge von Bewegungsmangel. Nach Operationen am Bauch (z. B. wegen eines Leistenbruchs) dürfen die Betroffenen nicht "pressen", hier kann ein Abführmittel über kurze Zeit helfen. Das Gleiche gilt nach einem Herzinfarkt oder nach einer Thrombose. Manche Menschen leiden unter Divertikeln im Dickdarm (Ausstülpungen, die sich entzünden können (Divertikulitis). Dies kann die Darmtätigkeit massiv behindern. Verstopfung kann auch durch Arzneimittel hervorgerufen werden, die dauerhaft eingenommen werden müssen, wie z. B. morphinhaltige Mittel. Dann werden für viele Betroffene auch Abführmittel für einen regelmäßigen Stuhlgang erforderlich.

Grundsätzlich sollten solche Abführmittel bevorzugt werden, von denen kein Missbrauch bekannt ist, also Quellmittel oder Lactulose. Die darmreizenden Mittel sollten gemieden werden, ihre Anwendung ist allenfalls akut im Krankenhaus oder vor diagnostischen Eingriffen am Darm gerechtfertigt.

Leider darf für Laxanzien immer noch geworben werden, weil sie nicht rezeptpflichtig sind. Den Apothekerinnen und Apothekern kommt daher insbesondere die Verantwortung zu, den Laxanzienmissbrauch durch gezielte Informationen vermeiden zu helfen.

Laxanzien werden üblicherweise nicht in die Gruppe der Suchtstoffe eingeordnet, weil sie keine direkten psychischen Wirkungen haben, die einen wiederholten Gebrauch oder einen Dauergebrauch begünstigen. Wegen der fehlenden zentralnervösen Wirkungen kann selbst ein extremer Missbrauch nicht als Abusus im Sinne der üblichen Diagnosekriterien für Suchtkrankheiten gewertet werden. Ein solcher Missbrauch bestimmter Laxanzien ist jedoch weit verbreitet, auch bereits bei Mädchen und jungen Frauen, die Abführmittel als Schlankheitsmittel missbrauchen ("unterstützt" durch das Rauchen von Zigaretten, mit dem das Hungergefühl gedämpft wird).

Die regelmäßige Einnahme von Laxanzien kann einen suchtähnlichen Teufelskreis auslösen: Neben der rein physiologischen Notwendigkeit, weiter entsprechende Substanzen einzunehmen, ist dabei auch eine pathologische Umgangsweise mit der eigenen Verdauung zu beobachten. Eine solche Fixierung auf die Verdauung und deren Regulation resultiert zunächst aus einer falschen Vorstellung über die Häufigkeit von Stuhlgang. Normal ist alles zwischen dreimal am Tag und alle drei Tage. Man sollte sich daher nicht unter Druck setzen, jeden Tag zu "müssen". Aber auch die falsche Vorstellung, durch eine beschleunigte Verdauung den Körper zu entschlacken und von Giftstoffen zu befreien, führt zu einer unsinnigen Einnahme von Laxanzien. Hierbei gibt es fließende Übergänge von gesundem Auf-sich-Achten über übertriebene Sorge bis hin zu Störungen aus dem psychosomatischen Spektrum.

Die regelmäßige Einnahme von Laxanzien führt zu einer Gewöhnung des Körpers. Dabei ist es egal, ob Quellstoffe, motilitätsfördernde Substanzen, antiresorptiv, hydragog oder osmotisch wirksame Mittel genommen werden. Der Körper wird zum Beispiel einer gesteigerten Motilität genauso entgegenwirken wie einer vermehrten Einlagerung von Wasser im Stuhl, um den Verlust von Wasser und Mineralien über den Stuhlgang zu verhindern. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Laxanzien auf biologischer oder chemischer Grundlage hergestellt wurden.

Je mehr der Körper versucht, die Wirkung der Abführmittel auszugleichen, umso weniger wirksam sind die Substanzen. Die Folge wird häufig eine Dosiserhöhung sein, sodass ein Teufelskreis zwischen abführender Wirkung und Gegenregulation entsteht. Bei Absetzversuchen wird deshalb zunächst eine deutliche Obstipation eintreten, was dann Anlass ist zur weiteren Einnahme.

Die Folgen der Einnahme von Laxanzien über mehr als ein bis zwei Wochen sind somit die Gefahr der Verstärkung der Darmträgheit, Elektrolytverlust (insbesondere Kalium) mit daraus resultierenden Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche, krampfartige Magen-Darm-Beschwerden sowie Darmreizungen.

Der Entzug von Laxanzien sollte nie abrupt erfolgen, da sonst die Gefahr eines Darmverschlusses droht. Je nach Dauer und Höhe der Einnahme sollten die Mittel schrittweise über ein bis drei Wochen abgesetzt werden. Gerade bei höheren Dosierungen ist eine ärztliche Begleitung wichtig, um die Darmmotilität zu überwachen. Die Patientinnen und Patienten sollten auf eine ausreichende Trinkmenge (mindestens 2,5 Liter) und viel Bewegung achten. Der wichtigste Teil ist aber die Information der betroffenen Person über Häufigkeit und Funktion des Stuhlgangs, damit nicht falsche Vorstellungen über den Verdauungsprozess zu einem Rückfall in alte Verhaltensmuster führen.

Die Prognose beim Laxanzien-Missbrauch ist entscheidend von der zugrunde liegenden Problematik abhängig, die zum Missbrauch geführt hat. Die Prognose ist bei Patientinnen und Patienten mit einer Anorexie geprägt von der Prognose der Grunderkrankung. Geht der Missbrauch auf eine falsche Vorstellung über eine "normale" Verdauung zurück, erscheint die Prognose bei entsprechender Aufklärung günstig.

Seiteninfo

Text: Prof. Dr. Gerd Glaeske, Dr. med. Rüdiger Holzbach, Daniela Boeschen

Literaturempfehlung

Bundesapothekerkammer (BAK) (Hrsg.) (2008): Medikamente. Abhängigkeit und Missbrauch. Leitfaden für die apothekerliche Praxis. Berlin.

Glaeske, Gerd; Günther, Judith; Keller, Sabine (1997): Nebenwirkung Sucht: Medikamente, die abhängig machen. München: Kunstmann.

Mutschler, Ernst et al. (2008): Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Bundesärztekammer (Hrsg.) (2007): Medikamente - schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit. Leitfaden für die ärztliche Praxis. Köln.