Probleme erkennen

Die Frage, ob eine Abhängigkeit von psychoaktiven Medikamenten besteht oder nicht, ist nicht leicht zu beantworten. Am besten ist, dass Gespräch mit dem Hausarzt bzw. der Hausärztin oder einer anderen fachkundigen Person zu suchen wenn Medikamente bereits seit mehreren Monaten oder Jahren eingenommen werden, um

  • das psychische Befinden zu verbessern und negative Gefühle, wie Angst, Trauer und Einsamkeit besser ertragen zu können.
  • Schmerzen zu lindern, deren Ursachen nicht bekannt sind.
  • Besser schlafen zu können oder Unruhe bzw. Nervosität in den Griff zu bekommen.

Der längerfristige Gebrauch solcher Medikamente kann andererseits zu bestimmten Gewohnheiten und Schwierigkeiten führen. Wenn Sie eine der folgenden Fragen mit »Ja« beantworten, kann das ein Hinweis auf ein Medikamentenproblem und eine eventuelle Abhängigkeit sein.

  • Beunruhigt Sie die Vorstellung, mehrere Tage oder sogar Wochen auf »Ihr« Medikament verzichten zu müssen?
  • Haben Sie sich zur Sicherheit einen Vorrat dieses Medikaments angelegt?
  • Haben Sie über die Zeit der Einnahme hinweg die Dosis gesteigert, da die Wirkung des Medikaments nachließ und die ursprünglichen Beschwerden trotz Einnahme des Medikaments wiederkamen?
  • Verbergen Sie vor anderen, dass Sie dieses Medikament einnehmen bzw. wie häufig und in welcher Dosis Sie dieses Medikament einnehmen?

Suchen Sie fachlichen Rat und Hilfe, wenn Sie mit einem Medikament nicht zurechtkommen oder eine Abhängigkeit befürchten. Setzen Sie niemals eigenmächtig ein Medikament ab und nehmen Sie Medikamente immer in der verordneten Dosis ein! Jede Veränderung der Einnahme muss vorher mit Arzt bzw. Ärztin abgestimmt werden!

Neben Ihrem Arzt bzw. Ärztin können Sie auch Beratungsstellen der Suchthilfe aufsuchen, um über Probleme mit Medikamenten und Fragen der Abhängigkeit anzusprechen.

Wie Sie den Kontakt mit einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe herstellen können finden Sie im Seitenbereich Beratung und Behandlung

Diese Selbsttests können Sie herunterladen

Oft sind Betroffene oder Angehörige auch daran interessiert, mögliche Probleme mit Medikamenten in kurzen Tests und Fragebögen selbst festzustellen. Im Internet gibt es solche Tests, darunter aber auch solche, die nicht zu empfehlen sind. Selbsttests können das Gespräch mit einem Arzt oder einer Suchtberatungsstelle nicht ersetzen. Sie können keine Diagnose liefern und sollten auch nicht dazu veranlassen, eigenständig die Medikamenteneinnahme zu verändern oder Medikamente ohne Rücksprache mit dem Arzt abzusetzen. Dagegen können Sie aufzeigen, wo evtl. bereits Probleme bestehen und wo eine Rücksprache mit einem Arzt dringend anzuraten ist.

Mithilfe der folgenden Tests können Sie Ihre Medikamenteneinnahme kritisch hinterfragen und für sich feststellen, ob Sie die Einnahme mit Ihrem Arzt auch unter Gesichtspunkten der Abhängigkeit noch einmal besprechen sollten:

KFM – Kurzfragebogen für Medikamentengebrauch

In diesem Fragebogen finden Sie Aussagen über eine Reihe von Gewohnheiten und Schwierigkeiten, die sich bei der Einnahme von Medikamenten einstellen können. Sie beziehen sich nur solche Medikamente, die die Stimmung verändern, den Schlafen fördern, um ruhiger oder leistungsfähiger zu werden oder um weniger Schmerzen zu haben.

Den von Watzl und Kollegen entwickelten Kurzfragebogen für Medikamentengebrauch können sie hier herunterladen
(Auszug aus der DHS-Broschüre Gemeinsam mehr erreichen! Frauen - Medikamente - Selbsthilfe, S.71)

Watzl, H., Rist, F., Höcker,W. & Miehle, K. (1991)

Lippstädter Benzo-Check

Der „Lippstädter Benzo-Check“ dient als Orientierung, ob und wie ausgeprägt mögliche unerwünschte Wirkungen bei der Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus der Benzodiazepin-Familie bereits aufgetreten sind.

Den Lippstädter Benzo-Check können Sie hier herunterladen

(c) Dr. med Rüdiger Holzbach, LWL-Kliniken Warstein und Lippstadt - Abteilung Suchtmedizin

Der Lippstädter Benzo-Check ist zunächst ein Motivations-Instrument. Betroffene bekommen durch einen Zahlenwert die Rückmeldung, wie wahrscheinlich ihre Beschwerden, unter denen sie leiden, durch die Langzeiteinnahme der Medikamente ausgelöst seien können. Dieser Zahlenwert (Summen-Score) wird ermittelt aus der unterschiedlich starken Ausgeprägung von Veränderungen, die in Zusammenhang mit der Langzeitaufnahme von Benzodiazepinen oder Z-drugs auftreten können.
Dabei werden unspezifische Veränderungen niedriger bewertet, als typische.

Bei einer Summe über 5 Punkte zu den Fragen:

  • Schlafstörung
  • Heimlichkeit
  • Wirkverlust
  • Fixierung auf Medikation
  • Indikationserweiterung

besteht der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer Abhängigkeit.

Seiteninfo

Text: Peter Raiser

Literaturempfehlung

Watzl, H., Rist, F., Höcker,W. & Miehle, K. (1991). Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung von Medikamentenmißbrauch bei Suchtpatienten. In M. Heide & H. Lieb (Hrsg.), Sucht und Psychosomatik. Beiträge des 3. Heidelberger Kongresses (S. 123–139). Bonn: Nagel.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2013): Gemeinsam mehr erreichen! Frauen. Medikamente. Selbsthilfe. Ein Handbuch. Überarbeitete und neugestaltete Auflage. Hamm.