Besonders gefährdete Personengruppen
Eine Arzneimittelabhängigkeit entsteht zumeist aus einer Mischung von persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Eine Disposition wird – im Unterschied etwa zu einer Alkoholabhängigkeit – als wenig wahrscheinlich angesehen. Bestimmte Menschen haben aufgrund ihres Alters, Geschlechts, ihrer Persönlichkeit oder persönlichen Situation, in der sie sich befinden, ein erhöhtes Risiko.
Jugendliche experimentieren gerne. Sie probieren Alkohol aus, möglicherweise auch illegale Drogen und Aufputschmittel (Amphetamine, ephedrinhaltige Erkältungsmittel), um sich in rauschhafte Zustände zu versetzen. Mit der Pubertät bevorzugen insbesondere Mädchen, deren Eltern zum Beispiel bei Kopfschmerzen schnell zu Tabletten greifen, ebenfalls diese Strategie der schnellen Bewältigung.
Zwei Drittel der Medikamentenabhängigen sind weiblich. Frauen nehmen Störungen der psychischen oder körperlichen Befindlichkeit – wie Stresssymptome, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen – eher wahr als Männer und gehen häufiger zum Arzt. Die Mediziner verschreiben Männern und Frauen zwar ähnlich viele Medikamente – Frauen erhalten aber etwa doppelt so viele Psychopharmaka wie Männer.
Seniorinnen und Senioren machen die größte Gruppe unter den Medikamentenabhängigen in Deutschland aus. Die Universität Bremen ermittelte, dass mindestens eine Million Menschen im Rentenalter abhängig sind von Schlaf- und Beruhigungsmitteln (Benzodiazepine und benzodiazepinähnliche Mittel, sogenannte Z-Drugs). Weil bei älteren Menschen der Stoffwechsel verlangsamt ist, wirken die Schlafmittel möglicherweise noch am nächsten Morgen nach (Hang-over-Effekte), was die Gefahr von Stürzen und Knochenbrüchen mit sich bringt.
Steigende Leistungs- und Ertragsziele in der Arbeitswelt – diesem Druck sind nicht alle Arbeitnehmer gewachsen. Knapp drei Millionen Deutsche nutzen verschreibungspflichtige Medikamente, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder um Stress abzubauen, wie eine Studie der DAK von 2015 zeigte. Dabei handelt es sich vor allem um folgende leistungssteigernde Mittel: Methylphenidat (Ritalin), Modafinil (gegen Narkolepsie), Antidepressiva, Antidementiva und Betablocker.
Doping ist nicht nur ein Problem im Spitzensport. 10 bis 20 Prozent aller Besucher von Fitnessstudios nehmen leistungssteigernde oder muskelaufbauende Mittel ein, wie Studien nahelegen. Vor allem männliche Sportler wollen ihren Körper stylen, vornehmlich mit Anabolika. Weitere Substanzen, die zum Dopen missbraucht werden (oft gleichzeitig): Asthma-Mittel, Hormone, Stimulanzien und Diuretika. Die Nebenwirkungen allerdings können teilweise lebensgefährlich sein.
Mädchen und junge Frauen, die unter einer Essstörung leiden, missbrauchen unter Umständen Appetitzügler, Abführmittel, Diuretika und Schilddrüsenhormone, um die Gewichtsabnahme zu beschleunigen. Doch alle diese Substanzen sind nicht zum Abnehmen geeignet und können den Körper massiv schädigen.
Sie konsumieren Beruhigungs- und Schlafmittel (Benzodiazepine und Z-Drugs), um sich selber zu entziehen, Versorgungsengpässe zu überbrücken oder um ohne Entzugserscheinungen zur Arbeit gehen zu können.
Literaturempfehlung
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2014): Frau.Sucht.Gesundheit
Online verfügbar
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Medikamente. Basisinformationen.
Online Verfügbar
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht. Lengerich: Pabst, erscheint jährlich.
Online verfügbar
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2013): Medikamentenabhängigkeit. Hamm: 2013. (Suchtmedizinische Reihe; 5)
Online verfügbar