Häufig gestellte Fragen
Betroffene
Welche Folgeschäden sind zu erwarten?
Wo finde ich geeignete Behandlungsplätze?
Angehörige
Woran erkenne ich bei meinem Angehörigen, dass er Medikamentenabhängig ist?
Wie überzeuge ich meinen Angehörigen, dass er in Behandlung geht?
Wo finde ich geeignete Behandlungsplätze?
Behandler und Berater
Wann sollte ein Entzug angestrebt werden?
Wie motiviert man Betroffene zum Entzug?
Betroffene
Bin ich abhängig?
Es gibt verschiedene Selbsttests, die Ihnen einen Hinweis geben können. Letztlich sollten Sie aber im Gespräch mit Ihrem Arzt besprechen, warum er Ihnen das Medikament noch weiter verschreiben möchte und Sie es nicht mehr nehmen möchten. In der Regel werden Sie unangenehme Veränderungen an sich bemerkt haben (oder Andere an Ihnen), die Sie mit dem Medikament in Verbindung bringen. Bitte setzten Sie nie eigenmächtig und niemals schlagartig solche Medikamente ab.
Welche Folgeschäden sind zu erwarten?
Opiathaltige Schmerzmittel und Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine und Z-drugs verursachen keine Organschäden. Sie können aber erhebliche Einschränkungen für die Dauer der Einnahme im Hinblick auf Lebensqualität und psychisches Befinden verursachen. Dies können Sie für die Schlaf- und Beruhigungsmittel (Benzodiazepine, Z-drugs) anhand des Lippstädter Benzo-Checks überprüfen. Bei Opiat-Schmerzmitteln sind solche Folgen Obstipation, Gleichgültigkeit, Antriebslosigkeit oder sozialer Rückzug. Bei den apotheken-pflichtigen Schmerzmitteln sind dies bereits beim Aufwachen bestehende dumpf-drückende Schmerzen, die sich bei Aktivität verstärken.
Wo finde ich geeignete Behandlungsplätze?
Über das Suchthilfeverzeichnis, einer Einrichtnugsdatenbak der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, können Sie Beratungsstellen und Behandlungseinrichtungen in Ihrer Nähe finden.Mehr erfahren Sie auch im Seitenbereich Beratung und Behandlung.
Angehörige
Woran erkenne ich bei meinem Angehörigen, dass er Medikamentenabhängig ist?
Als Angehörige sollten Sie nicht versuchen Diagnosen zu stellen. Entscheidend ist auch nicht, ob eine Abhängigkeit vorliegt, sondern die möglicherweise durch die Medikamente bedingten Veränderungen im Kontakt, im Alltagsverhalten oder im psychischen Befinden. Bei Opiat-Schmerzmittel können dies z.B. Obstipation, Gleichgültigkeit, Antriebslosigkeit oder sozialer Rückzug sein. Bei Benzodiazepinen und Z-Drugs kann das Ausmaß an Beeinträchtigung durch den Lippstädter Benzo-Check überprüft werden und dem Patienten rück gemeldet werden. Bei einem Übergebrauch von apothekenpflichtigen Schmerzmitteln klagen Betroffene über dumpf-drückende Kopfschmerzen gleich beim Aufwachen und eine Verschlechterung bei körperlicher Aktivität.
Wie überzeuge ich meinen Angehörigen, dass er in Behandlung geht?
Sprechen Sie Ihren Angehörigen nicht auf eine mögliche Abhängigkeit an, sondern auf Veränderungen, die möglicherweise durch die Medikamente bedingt sind im Kontakt, im Alltagsverhalten oder im psychischen Befinden. Machen Sie deutlich, dass Sie sich Sorgen machen, dass die Medikamente nicht mehr richtig vertragen werden. Idealer weise machen Sie dies auch nicht alleine, sondern mit anderen Menschen, denen an der Person etwas liegt. Führen Sie möglichst viele Beispiele auf, an denen Sie die Veränderung Ihres Angehörigen festmachen. Bieten Sie ihm an, gemeinsam Hilfe zu holen.
Wo finde ich geeignete Behandlungsplätze?
Über das Suchthilfeverzeichnis, einer Einrichtnugsdatenbak der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, können Sie Beratungsstellen und Behandlungseinrichtungen in Ihrer Nähe finden.Mehr erfahren Sie auch im Seitenbereich Beratung und Behandlung.
Behandler und Berater
Wann sollte ein Entzug angestrebt werden?
Die Notwendigkeit für ein Ausschleichen leitet sich nicht aus Dosis oder Dauer der Behandlung alleine ab, sondern über die Abwägung der Vor- und Nachteile der Behandlung. Bei Benzodiazepinen und Z-drugs kann dies über den Lippstädter Benzo-Check erfolgen, der Hinweise auf solche im Verlauf auftretende Nebenwirkungen gibt. Unter Einbeziehung des Patienten muss dann über ein Ausschleichversuch bzw. die Fortsetzung der Behandlung gesprochen werden. Diese Absprache sollte dokumentiert werden, ggf. auch vom Patienten gegengezeichnet werden. Bei klar süchtigen Einnahmemustern mit steigender Dosis muss mit dem Patienten aber ein Ausschleichplan erstellt und umgesetzt werden – ggf. auch über einen stationären Entzug.
Wie motiviert man Betroffene zum Entzug?
Langzeitanwender von Medikamenten haben oft kein Problembewusstsein für die Problematik der Langzeiteinnahme, da sie typischerweise über Jahre sich streng an die verordnete Dosis gehalten haben. Sie fühlen sich nicht abhängig, denn sie nehmen ihr Mittel gegen Schlafstörungen, Ängste oder Schmerzen ein und nicht „aus Spaß“. Deshalb sollten Begriffe wie Sucht oder Abhängigkeit nicht verwendet werden (auch nicht der Begriff der Niedrigdosis-Abhängigkeit). Besser ist es, mit dem Patienten über die Nebenwirkungen zu sprechen, die die Medikamente verursachen und unter denen der Patient womöglich leidet. Bei Opiat-Schmerzmittel können dies z.B. Obstipation, Gleichgültigkeit, Antriebslosigkeit oder sozialer Rückzug sein. Bei Benzodiazepinen und Z-Drugs kann das Ausmaß an Beeinträchtigung durch den Lippstädter Benzo-Check erfasst werden und dem Patienten rück gemeldet werden. Zugleich muss erklärt werden, dass die beim zwischenzeitlich vielleicht schon mal probierten Weglassen aufgetretenen Symptome wie Schmerzen, Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, etc. Entzugserscheinungen sind und nicht Nachweis der noch bestehenden Wirksamkeit des Mittels.
Wie kann ein ambulanter Entzug durchgeführt werden?
Ein ambulanter Entzug setzt eine gute Verlässlichkeit des Patienten, ein stabiles Umfeld, keine erhebliche psychische oder körperliche Komorbidität sowie ein unterstützendes Umfeld voraus.
Opiathaltige Schmerzmittel: Zunächst sollte geklärt werden, ob bei der betroffenen Person nach dem Absetzen noch weiter Schmerzen zu erwarten sind oder ob es sich um ein reines Suchtverhalten handelt. Wenn weiter Schmerzen zu erwarten sind, erfordert dies ambulant eine erhebliche Erfahrung mit anderen Schmerzbehandlungsmethoden und Betreuungsdichte, sodass dies nur spezialisierten Einrichtungen zu empfehlen ist.
Beim Dominieren von süchtigen Einnahmemustern muss, sofern noch nicht geschehen, die Einstellung auf ein Retard-Präparat erfolgen, um schnelles Anfluten und danach bis zur nächsten Einnahme stärker werdende Entzugserscheinungen zu verhindern (Unnötige Entzugsbeschwerden, Fixierung auf die Substanz). Spiegelschwankungen, die Entzugssymptome auslösen, können durch eine mehrmals tägliche Gabe reduziert werden. Initial sind größere Reduktionsschritte möglich, zum Ende hin sind kleinere Schritte zu empfehlen. Die Zeitdauer der Abdosierung sollte drei Monate nicht überschreiten (auch bei hohen Dosierungen), da erfahrungsgemäß der Entzug immer ein gewisses Maß an Energie und Aufmerksamkeit bindet und bei längeren Entzugsverläufen schwindet.
Bei Benzodiazepinen und Z-drugs empfiehlt es sich, die bisherige Medikation auf Clonazepam in Tropfenform um zu stellen, da damit kleinere Reduktionsschritte möglich sind als bei Tabletten. Dies muss anhand von Äquivalenz-Tabellen (siehe Beispiele unten), die zur Orientierung dienen, erfolgen (ggf. nach klinischem Eindruck bzgl. Über- oder Unterdosierung Dosis anpassen). Das leider noch häufig empfohlene Diazepam ist dafür aufgrund einer sehr langen Halbwertszeit ungeeignet. Die Halbwertszeit von rund 150 Stunden (zusammen mit aktiven Metaboliten) hat eine erhebliche Dosis-Kumulation zur Folge (Diazepam ist so z.B. bei Schlafstörungen nur zugelassen, „wenn auch eine Tagessedierung erwünscht ist“).
Die Dosis von Clonazepam sollte möglichst auf vier Gaben pro Tag verteilt werden, mindestens aber zwei, da so Spiegelschwankungen reduziert werden. Die Spiegelschwankungen (bzw. das Unterschreiten einer kritischen Dosis) verursacht die Entzugserscheinungen. Bei einer Einmalgabe tritt durch das starke Anfluten und den bis zur nächsten Einnahme zunehmende Entzug auch eine weitere Fixierung auf die Medikation. Nachfolgend Beispiele für die Abdosierung:
Beispiel 1: Ausgangsdosis 0,5mg / 5 Trpf. Clonazepam: | ||||
---|---|---|---|---|
Tag 1-5 | 1 | 0 | 0 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 6-10 | 1 | 0 | 0 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 11-15 | 1 | 0 | 0 | 2 Trpf. Clonazepam |
Tag 16-20 | 1 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 21-25 | 0 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 26 | 0 | 0 | 0 | 0 Trpf. Clonazepam |
Beispiel 2: Ausgangsdosis 1mg / 10 Trpf. Clonazepam: | ||||
---|---|---|---|---|
Tag 1-3 | 2 | 2 | 2 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 4-6 | 2 | 1 | 2 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 7-9 | 2 | 1 | 1 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 10-12 | 1 | 1 | 1 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 13-15 | 1 | 1 | 1 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 16-18 | 1 | 0 | 1 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 19-21 | 1 | 0 | 0 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 22-24 | 1 | 0 | 0 | 2 Trpf. Clonazepam |
Tag 25-27 | 1 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 28-30 | 0 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 31 | 0 | 0 | 0 | 0 Trpf. Clonazepam |
Beispiel 3: Ausgangsdosis 2mg / 20 Trpf. Clonazepam: | ||||
---|---|---|---|---|
Tag 1-3 | 4 | 4 | 4 | 8 Trpf. Clonazepam |
Tag 4-6 | 4 | 3 | 3 | 8 Trpf. Clonazepam |
Tag 7-9 | 4 | 3 | 3 | 6 Trpf. Clonazepam |
Tag 10-12 | 3 | 3 | 3 | 5 Trpf. Clonazepam |
Tag 13-15 | 3 | 2 | 2 | 5 Trpf. Clonazepam |
Tag 16-18 | 2 | 2 | 2 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 19-21 | 2 | 1 | 1 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 22-24 | 1 | 1 | 1 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 25-27 | 1 | 1 | 1 | 2 Trpf. Clonazepam |
Tag 28-30 | 1 | 1 | 1 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 31-33 | 1 | 0 | 1 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 34-36 | 1 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 37-39 | 0 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 40 | 0 | 0 | 0 | 0 Trpf. Clonazepam |
Beispiel 4: Ausgangsdosis 5mg / 50Trpf. Clonazepam; als Beispiel mit nur 2xtgl. Gabe (1/5 – 1/4 der Dosis morgens): | ||||
---|---|---|---|---|
Tag 1-3 | 10 | 0 | 0 | 40 Trpf. Clonazepam |
Tag 4-6 | 10 | 0 | 0 | 35 Trpf. Clonazepam |
Tag 7-9 | 10 | 0 | 0 | 30 Trpf. Clonazepam |
Tag 10-12 | 10 | 0 | 0 | 25 Trpf. Clonazepam |
Tag 13-15 | 8 | 0 | 0 | 22 Trpf. Clonazepam |
Tag 16-18 | 8 | 0 | 0 | 20 Trpf. Clonazepam |
Tag 19-21 | 7 | 0 | 0 | 19 Trpf. Clonazepam |
Tag 22-24 | 7 | 0 | 0 | 17 Trpf. Clonazepam |
Tag 25-27 | 6 | 0 | 0 | 16 Trpf. Clonazepam |
Tag 28-30 | 6 | 0 | 0 | 14 Trpf. Clonazepam |
Tag 31-33 | 5 | 0 | 0 | 13 Trpf. Clonazepam |
Tag 34-36 | 5 | 0 | 0 | 11 Trpf. Clonazepam |
Tag 37-39 | 4 | 0 | 0 | 10 Trpf. Clonazepam |
Tag 40-42 | 4 | 0 | 0 | 9 Trpf. Clonazepam |
Tag 43-45 | 3 | 0 | 0 | 9 Trpf. Clonazepam |
Tag 46-48 | 3 | 0 | 0 | 8 Trpf. Clonazepam |
Tag 49-51 | 3 | 0 | 0 | 7 Trpf. Clonazepam |
Tag 52-54 | 3 | 0 | 0 | 6 Trpf. Clonazepam |
Tag 55-57 | 2 | 0 | 0 | 6 Trpf. Clonazepam |
Tag 58-60 | 2 | 0 | 0 | 5 Trpf. Clonazepam |
Tag 61-63 | 1 | 0 | 0 | 5 Trpf. Clonazepam |
Tag 64-66 | 1 | 0 | 0 | 4 Trpf. Clonazepam |
Tag 67-69 | 1 | 0 | 0 | 3 Trpf. Clonazepam |
Tag 70-72 | 1 | 0 | 0 | 2 Trpf. Clonazepam |
Tag 73-75 | 1 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 76-79 | 0 | 0 | 0 | 1 Trpf. Clonazepam |
Tag 80 | 0 | 0 | 0 | 0 Trpf. Clonazepam |
Wie sind die Erfolgsaussichten eines Medikamentenentzuges?
Die Aussichten beim Medikamentenentzug sind insgesamt günstig und ein Entzug lohnt sich in jedem Alter bzw. besonders bei älteren Menschen, da altersbedingte Veränderungen und Nebenwirkung der Medikamente sich addieren.