Substituierte Drogenabhängige

Heroinabhängige konsumieren häufig zusätzlich legale Drogen wie Alkohol und Benzodiazepine. Das führt zu schwersten Ausprägungen der Suchterkrankung. Die Autoren der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin beschreiben, dass die Prävalenz eines Benzodiazepinkonsums oder einer Benzodiazepinabhängigkeit unter opioidabhängigen Patientinnen und Patienten sehr hoch ist. Das Problem stellt sich auch in der Substitutionstherapie: Eine Studie offenbarte, dass noch bei 21,5 Prozent der mit Methadon behandelten Opiatabhängigen diese Medikamente im Urin zu finden sind.

Selbstmedikation ist häufiges Motiv

Oft medikamentieren sich die Betroffenen mit den Medikamenten selbst – mit dem Ziel, ihre psychischen Probleme, vor allem Angstgefühle, in den Griff zu bekommen. Unter opioidabhängigen Menschen sind Angsterkrankungen, Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen häufig anzutreffen. Auch Schlafprobleme sind oft ein Grund, warum Benzodiazepine missbraucht werden. Weiterhin können diese Mittel dazu dienen, fehlendes Heroin zu ersetzen oder das Rauscherlebnis zu intensivieren.
Die Sedierung durch die Benzodiazepine führt zu Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Stürze sind zu befürchten. Unter sehr hohen Dosierungen kommt es bei Drogenabhängigen zu unerwarteten Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen. Bei Untersuchungen von Drogentoten hat sich gezeigt, dass nicht nur Opiatüberdosierungen, sondern auch Benzodiazepine (und Alkohol) zum Tod geführt haben.

Benzodiazepine sind kontraindiziert

Die Medikamente sind zunehmend über den Schwarzmarkt erhältlich, werden aber auch oft von Ärzten verschrieben. Die Ärztekammern stellen in ihren Richtlinien klar, dass die Verordnung an Suchtkranke generell als kontraindiziert gilt. Auch als Mittel zur Substitution sind Benzodiazepine nicht zugelassen, Methadon gilt als Mittel der Wahl. Ein stationärer oder ambulanter Abstinenzversuch – unter Fortführung der Substitutionsbehandlung – sollte in Erwägung gezogen werden. Weiterhin sind eine umfassende psychosoziale Betreuung und geeignete Medikamente bei psychischer Erkrankung Alternativen zum Benzodiazepinkonsum.

Seiteninfo

Text: Anke Nolte

Literaturempfehlung

Ärztekammer Bremen (2012): Richtlinie zur Verschreibung psychotroper Medikamente an drogenabhängige Patienten.
Online Verfügbar

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2013): Drogenabhängigkeit. Hamm: 2013. (Suchtmedizinische Reihe; 4)

Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (2014): Leitlinie. Therapie der Opiatabhängigkeit - Teil 1: Substitutionsbehandlung.
Online Verfügbar

Piest, Bernhard (2006): Ambulanter Benzodiazepinentzug bei Opiatabhängigen. In: Suchtmedizin 7, 2006, S. 121-124.