Schmerzmittel (Analgetika)
Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen wurden wegen der Befürchtung einer Suchtentwicklung in Deutschland lange Zeit unterversorgt. Seit 1996 jedoch ist eine kontinuierliche Zunahme der Verordnung von opioiden Analgetika (Morphium-artige Medikamente) zu verzeichnen, die ein Abhängigkeitspotenzial haben. 1998 wurden die betäubungsmittelrechtlichen Verordnungsvorschriften zur besseren Umsetzung des WHO Stufenschemas zur Tumorschmerztherapie vereinfacht und das Stufenschema auch auf andere Schmerzerkrankungen übertragen. Inzwischen werden opioidhaltige Analgetika jedoch bei Nicht-Tumorerkrankungen vielfach auch zu leichtfertig verschrieben. Dies gilt auch für Opiod-Pflaster, die harmlos wirken können, aber dieselben Risiken und Nebenwirkungen wie Opioide in Tablettenform haben. Zu häufig werden Opioide verschrieben zum Beispiel bei diagnostisch unzureichend abgeklärten Schmerzen, bei psychosomatischen Schmerzen oder bevor andere schmerzlindernde Maßnahmen wie konsequente Physiotherapie und Bewegung angewendet wurden. Bei längerfristiger Gabe erhöhen opioidhaltige Medikamente sogar die Schmerzempfindlichkeit. Zur Vermeidung von Entzugssysmptomatik werden sie dann aber dennoch oft dauerhaft genommen. Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs können Opioide jedoch unverzichtbar sein.
Schmerzen haben vor allem eine Schutz- bzw. Warnfunktion. Sie können meist auf bestehende Erkrankungen oder Verletzungen verweisen. Deshalb sollten sie weder ignoriert noch mit Medikamenten unterdrückt werden, sondern Anlass für eine Ursachenforschung sein. Schmerzen können sich jedoch auch „verselbstständigen“ und zu einer eigenständigen Erkrankung entwickeln, wenn sie zu lange andauern oder nicht angemessen behandelt werden. Psychosomatische Ursachen oder Teilursachen sind häufig.
Schmerzmittel können nach ihren Angriffspunkten bei der Schmerzbekämpfung unterschieden werden. Die peripher wirkenden Analgetika verhindern die Entstehung des Schmerzes am Verletzungsort. Diese Substanzen wirken zusätzlich fiebersenkend und teilweise auch entzündungshemmend. Dazu gehören die überwiegend rezeptfreien apothekenpflichtigen Schmerzmittel, die häufig in der Selbstmedikation (insbesondere gegen Kopfschmerzen) eingesetzt werden. Beispiele sind ASS (Aspirin®), Paracetamol, Dicolfenac oder Ibuprofen. Missbräuchlicher chronischer Gebrauch kommt vor, sie haben aber kein Abhängigkeitspotenzial im engeren Sinn.
Zentral wirksame Analgetika unterdrücken durch ihre Wirkung die Weiterleitung von Schmerzimpulsen in Rückenmark und Gehirn – dem zentralen Nervensystem. Hierzu zählen die stark wirksamen Opiate und die opiatähnlichen und opioiden Analgetika, die rezeptpflichtig sind und/oder dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Diese haben ein starkes Abhängigkeitspotenzial, was unter anderem daran liegt, dass sie zumindest in den ersten Wochen positive psychische Effekte wie euphorische Stimmung hervorrufen können.
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