Risiken vermeiden

Sie leiden unter Schlafstörungen, Ängsten, Panikattacken, starker innerer Anspannung? Es gibt viele Umstände, die eine solche Krise auslösen können. Vielleicht erleben Sie eine umfassende Veränderung Ihres Lebens und es fällt Ihnen schwer, sich auf die neue Situation einzustellen? Oder Sie fühlen sich durch Aufgaben, Konflikte oder Erwartungen anderer überfordert? Solche Phasen der Überforderung und Anspannung machen viele Menschen durch. Manchmal aber werden sie zu einer Belastung, die man allein nicht mehr meistern zu können glaubt.

Sie erfahren Erleichterung durch die Einnahme eines beruhigenden, schlaffördernden oder angstlösenden Medikaments aus der Gruppe der Benzodiazepine oder einer vergleichbaren Wirkstoffgruppe, das Ihnen per Rezept verordnet wurde. Möglicherweise soll die Arznei auch die Zeit „überbrücken“, bis ein verordnetes Antidepressivum zu wirken beginnt.

Benzodiazepine sind bewährte Schlaf- und Beruhigungsmittel, die kurzfristig Linderung schaffen können. Viele Patientinnen und Patienten werden schon bald nach Behandlungsbeginn ruhiger und können besser schlafen. Ängste und Anspannung können sich lösen, so dass das Leben wieder leichter zu bewältigen erscheint.

Aber Benzodiazepine können Ihnen auch schaden. Zum Beispiel können die Wirkstoffe Sie auch in Situationen schläfrig oder benommen machen, in denen Wachheit und Aufmerksamkeit erforderlich sind.

Vor allem können Schlaf- und Beruhigungsmittel bei längerer Einnahme zu einer Abhängigkeit führen – auch in geringer Dosis.

Schon nach zwei Wochen beginnt Ihr Körper, sich an das Medikament zu gewöhnen.

Bereits nach drei- bis vierwöchiger Einnahme von Benzodiazepinen kann sich eine Abhängigkeit einstellen. Sie haben dann vielleicht das Gefühl, das Medikament sei nicht mehr „stark“ genug, und denken, Sie müssten die Dosis erhöhen.

Bei Absetzversuchen können die ursprünglichen Symptome nun verstärkt auftreten. Bitte verändern Sie in solchen Situationen nicht eigenmächtig Ihre tägliche Dosis – sondern berichten Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt davon und besprechen Sie gemeinsam das weitere Vorgehen.

Die Entstehung einer Abhängigkeit können Sie vermeiden, wenn Sie Ihre Medikamente richtig anwenden. Dabei kann Ihnen die sogenannte 4-K-Regel helfen

Klare Indikation

Das bedeutet: Nehmen Sie das Medikament nur ein, wenn eine eindeutige medizinische Notwendigkeit besteht. Diese sollten Sie in einem Gespräch mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt abklären und auch andere Behandlungsmöglichkeiten besprechen.

Kleinste notwendige Dosis

Das bedeutet: Nehmen Sie nur so viel wie nötig ein – und unbedingt so wenig wie möglich. Besprechen Sie die kleinste notwendige Dosis mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt.

Kurze Anwendung

Das bedeutet: Nehmen Sie das Medikament nur überbrückend für kurze Zeit. Eine über drei bis vier Wochen hinausgehende Einnahme kann bereits zu einer Abhängigkeit führen.

Kein schlagartiges Absetzen

Das bedeutet: Hören Sie nicht einfach mit der Einnahme auf, sondern verringern Sie langsam die Dosis. Besprechen Sie das sogenannte „Ausschleichen“ unbedingt mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt.

Alle Benzodiazepine gleichen sich in ihrer Wirkung. Sie mindern die bewusste Wahrnehmung und die Intensität von Gefühlen. Sie dämpfen Spannung, Erregung sowie Angst und Panikattacken.

Zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine und benzodiazepinverwandten Substanzen zählen:

  • Alprazolam
  • Bromazepam
  • Brotizolam
  • Chlordiazepoxid
  • Clobazam
  • Diazepam
  • Dikaliumclorazepat
  • Flunitrazepam
  • Lorazepam
  • Lormetazepam
  • Medazepam
  • Nitrazepam
  • Nordazepam
  • Oxazepam
  • Prazepam
  • Temazepam

Eine vergleichbare Wirkung wie Benzodiazepine haben: Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon.

Einen Hinweis auf den Wirkstoff Ihres Medikaments finden Sie auf der Medikamentenpackung. Dort sind Handelsname und Wirkstoff immer angegeben.

Schlaf- und Beruhigungsmittel sind lediglich Behelf, der kurzfristig in einer Krise nützlich sein kann – sie lösen aber nicht die Ursache Ihrer Probleme. Lernen Sie, auf Dauer ohne Medikamente auszukommen.

Wir haben ein paar Hinweise aufgelistet, die Ihnen dabei helfen können:

  • Entspannungstechniken kann man gezielt trainieren. Schaffen Sie sich auch andere Gelegenheiten für Entspannung und den Ausgleich von Belastungen.
  • Suchen Sie sich für Belastungen und Sorgen Gesprächspartner in der Familie, im Freundes- oder Bekanntenkreis.
  • Suchen Sie in dauerhaften Belastungssituationen und Lebenskrisen professionelle Hilfe durch Beratungsstellen oder Psychotherapeuten.

Sie haben den Eindruck, dass Ihnen die Einnahme eines verordneten Medikaments Schwierigkeiten bereitet, und fürchten eine mögliche Abhängigkeit? Scheuen Sie sich nicht, Kontakt zu Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt aufzunehmen.

Auf das ärztliche Gespräch können Sie sich vorbereiten. Stellen Sie eine Liste aller von Ihnen eingenommenen Medikamente zusammen sowie über die Dauer und die Dosis der Einnahme. Es kann sein, dass Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt Sie danach fragt. Vielleicht prüfen Sie im Vorfeld des Gesprächs auch, welche Vor- und Nachteile mit der Medikamenteneinnahme verbunden sind.

Sie können Sich auch an eine Suchtberatungsstelle oder eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe wenden. Die meisten Beratungsstellen können mit speziellen Angeboten für Menschen mit Medikamentenproblemen weiterhelfen. In Selbsthilfegruppen tauschen sich Betroffene oder Angehörige aus, reden über ihre Erfahrungen und Probleme und bieten gegenseitig halt und Unterstützung.

Hier gelangen Sie zur Suche von Einrichtungen der Suchthilfe und Übersicht der Selbsthilfeverbände

Seiteninfo

Text: Dr. Raphael Gaßmann, Prof. Dr. Gerd Glaeske, Karen Hartig, Andrea Jakob-Pannier, Christa Merfert-Diete