Benzodiazepine

Ein Viertel bis ein Drittel aller Menschen, die ein Benzodiazepin verschrieben bekommen, nehmen diese Mittel länger ein, als von Expertinnen und Experten empfohlen wird. Häufig erfolgt die Verschreibung auch bei gesetzlich Versichherten dann nicht mehr auf Kassenrezept, sondern auf Privatrezept.

Folgende Punkte sollten grundsätzlich berücksichtigt werden:

  • Erst die Diagnose, dann die Behandlung;
  • nur im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes;
  • Aufklärung über Abhängigkeitsgefahr (nicht für Menschen mit Suchtproblemen in der Vorgeschichte);
  • kleinste Packungsgröße;
  • niedrigste Dosis;
  • nach spätestens zwei bis vier Wochen ist die Behandlung beendet.

Die Verschreibungsempfehlung findet sich auch in der sogenannten 4 K-Regel zusammengefasst: Konkrete Diagnose, Kleinste Dosis, Kurzfristige Einnahme, Kein abruptes Absetzen. Wenn Sie überprüfen wollen, ob Sie bereits von Nebenwirkungen durch Benzodiazepine betroffen sind, nutzen Sie den BenzoCheck.

Benzodiazepine sind unverzichtbare Medikamente für akute, schwere Krisensituationen, dürfen aber nur zeitlich begrenzt eingenommen werden und heilen keine den Symptomen zugrunde liegende Erkrankung. Sie wirken dämpfend, schlaffördernd, angstlösend, muskelentspannend und gegen epileptische Anfälle. Benzodiazepine dürfen nach mehrwöchiger Einnahme nicht schlagartig abgesetzt werden, da dies zu gefährlichen Entzugssymptomen wie epileptischen Krampfanfällen oder Delirien führen kann.

Das erste Benzodiazepin Chlordiazepoxid (Librium®) wurde 1960 zugelassen, 1963 folgte Diazepam (Valium®oder Faustan®). Derzeit gibt es auf dem deutschen Markt rund 20 verschiedene Benzodiazepine. Sie sind alle verschreibungspflichtig und z. T. auch nur mittels Betäubungsmittel- Rezept verordnungsfähig.

Benzodiazepine können auch nach ihrer Wirkdauer unterschieden werden. Substanzen mit langer Halbwertszeit wirken bis zu über 200 Stunden nach der Einnahme weiter (z. B. Diazepam). Noch am nächsten Morgen besteht ein hoher Wirkstoff-Spiegel („hang over“), deshalb sind sie zur Behandlung von Schlafstörungen ungeeignet.

Gemäß den Leitlinien der Fachgesellschaften sollen Benzodiazepine nicht länger als zwei bis vier Wochen gegeben werden. Die Gründe für diese Empfehlungen sind: zum einen ein rascher Wirkverlust und dann bereits einsetzende Absetzeffekte und/oder Entzugserscheinungen beim Weglassen, zum anderen die Nebenwirkungen der Medikamente.

Benzodiazepine werden von Jüngeren in der Regel zunächst gut vertragen. Nach einigen Wochen jedoch steigt das Risiko für Nebenwirkungen. Aufgrund der Gewöhnung des Körpers kommt es zu gegenteiligen Effekten in Form von Unruhe, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Körpermissempfindungen und einer Reizüberempfindlichkeit.

Wird im Verlauf die Dosis auf zwei bis drei Tabletten gesteigert, treten neue Symptome hinzu: Einbußen im Bereich von Gedächtnis und Konzentration, Abnahme der körperlichen Energie, geringere emotionale Beteiligung.

Bei einer neuerlichen Dosissteigerung (z. B. über weitere und ebenfalls verschreibende Ärztinnen und/oder Ärzte) entwickelt sich das Bild einer Suchterkrankung.

Für ältere Menschen sind Benzodiazepine besonders ungünstig, obwohl gerade sie diese Medikamente häufig verordnet bekommen. Die ohnehin nachlassenden kognitiven Funktionen (wie Denk- und Gedächtnisvermögen) werden beeinträchtigt, die für alte Menschen besonders wichtige körperliche Bewegung wird langsamer und weniger, sie sind vermehrt sturzgefährdet, was in diesem Alter fatale Folgen haben kann, und inzwischen weiß man, dass Benzodiazepine das Demenzrisiko erhöhen.

Literaturempfehlung

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht): S3-Leitlinie Medikamentenbezogene Störungen – 1. Auflage. Version 01. 2020. Internet: https://register.awmf.org/assets/guidelines/038-025l_S3_Medikamtenbezogene-Stoerungen_2021-01.pdf, Zugriff: 03.02.2025

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (o.J.): Benzodiazepine. Hamm. (Die Sucht und ihre Stoffe - Eine Informationsreihe über die gebräuchlichsten Suchtstoffe)